Graz follows…you!

Guerilla Architects laden Sie ein, an ihrer „computergestützten kollektiven Aktion“ teilzunehmen, und zwar durch ihre Wohninstallation „StadtProzessor: Graz follows… you!“, die mit dem mobilen Büro „Bastian, der StadtSymbiont“ des Büros verbunden ist. Diese Installation ermöglicht es Ihnen, das Architekturkollektiv mit der Realisierung Ihrer Graz-Utopie zu beauftragen, einen Einblick in ihre virtuelle Projektwolke zu erhalten und sich in regelmäßigen Skype-Meetings mit ihnen auszutauschen.

Der etablierte Grundsatz „form follows function“, der in der Zeit des Beginns der Moderne geprägt wurde, steht für den Willen der Architekt:innen um 1896, die Architektur neu zu erfinden – neue Prinzipien der Raumgestaltung zu definieren und zu etablieren.

Später, im 20. Jahrhundert, ging die architektonische Form viele verschiedene Wege – sie war futuristisch, sie war totalitär und monumental, sie war organisch, sie war brutalistisch und postmodern, dann dekonstruktiv, und manchmal tendiert sie immer noch zum Neoklassizismus. Heute haben wir all diese verschiedenen Schichten der Architektur und beziehen uns auf ihre Geschichten und ihre Präsenz – sie sind alle wertvoll für uns.

Damals kämpften die Architekt:innen darum, sich von der Vergangenheit zu emanzipieren, und legten eine Form fest, die im Gegensatz zur Form des Vorgängers stand. Heutzutage sind die Architekt:innen erleichtert, dass sie diesem ideologischen Kampf gezwungen sind. Die Manifestation der Architektur sollte sich – mehr denn je – an ihrem Kontext orientieren, nicht im Sinne einer Kopie der Vergangenheit, sondern um die bestehenden Strukturen zu respektieren und ihre eigene Identität zu entwickeln. Wir haben keine andere Wahl, als mit unserer gebauten Umwelt zu arbeiten, und deshalb folgt die Form dem Kontext.

Seit Louis Sullivan den Satz „form follows function“ geprägt hat, hat die Weltbevölkerung enorm zugenommen, und der Großteil der gebauten Architektur wird nicht von Architekt:innen entworfen. Die Gesellschaft entwickelt sich schneller als die Architektur und bestimmt die Formen oder die Formlosigkeit der Architektur im Stadtgefüge. In diesem Sinne folgt die Form der Notwendigkeit.

Architekt:innen haben die Verantwortung, nicht nur den Raum zu gestalten, sondern auch die Auswirkungen der Gestaltung auf die emotionale Bindung der künftigen Bewohner:innn an den Raum. Es ist nicht nur eine Bedingung des praktischen Funktionalismus, wie wir unsere Umwelt erleben, sondern eine Bedingung der besonderen Atmosphäre, des „genius loci“ und des wirtschaftlich-politischen Umfelds. Deshalb sollte Architektur inspirieren, Geschichten erzählen und die Vorstellungskraft anregen, um mehr als nur das Oberflächliche zu erreichen: Die Form folgt dem Inhalt.

Die Stadt ist die gebaute Realität ihrer Gesellschaft. Die besondere räumliche Situation wird von ihren Bürgern geprägt und gestaltet. Ihre Bedürfnisse, Wünsche und Visionen bestimmen die physische Form.
Architektur sollte keine Waffe zur Kontrolle der Massen sein, sondern ein Werkzeug zur Gestaltung eines besseren Lebensumfelds: Die Form folgt der Gesellschaft.

Die Gestaltung unseres Lebensumfelds sollte nicht die Entscheidung einer Minderheit sein – es liegt in den Händen aller, an der Zukunft der Architektur mitzuwirken.

Wenn es als notwendig erachtet wird, der Bedeutung und Wirkung einer der historischsten Phrasen der Architektur nachzugehen, ziehen wir es vor, den absoluten Determinismus jeder Aussage für ein Wortpaar mit einem überbewerteten ideologischen Programm zurückzuweisen.
Architektur sollte daher nicht durch ein abstraktes Konzept bestimmt werden, sondern durch genau das, wofür sie entworfen wurde:

Form follows … us.
Sie ist nicht mehr ein vorgegebener architektonischer Stilparameter, sondern eine Folge unseres Handelns. Das bedeutet, dass Architektur nicht nur von „uns als Architekt:innen“ bestimmt wird, sondern vor allem von Ihnen als teilnehmende:r Bürger:in:
„form follows you!“

Team

  • Emil Angelov
  • Anja Fritz
  • Silvia Gioberti
  • Tobias Hattendorff
  • Denica Indzhova
  • Nike Kraft
  • Benedikt Stoll

Graz

  • Haus der Architektur
  • 09. Juni - 14. August 2016